Hast Du manchmal das Gefühl, dass Du nicht die volle Kontrolle über Dein Leben hast? Das könnte daran liegen, dass verschiedene Persönlichkeitsanteile in Deinem Kopf sich nicht immer einig sind, wie der Animations-Film "Alles steht Kopf" gut anschaulicht. Diese innere Dynamik kann man sich wie eine Wohngemeinschaft vorstellen, in der der Verstand relativ spät eingezogen ist, während andere Teile schon länger da sind und manchmal das Hausrecht beanspruchen. Die Qualität unseres Lebens hängt davon ab, wie gut diese Wohngemeinschaft harmoniert. Wir reden daher auch vom Inneren Team. Wenn unser Wille allein nicht weiterhilft, liegt die Ursache oft im Unterbewusstsein. Um vom "Gehirn-Besitzer zum Gehirn-Benutzer" (Vera F. Birkenbihl) zu werden, ist es nützlich zu wissen, welche Teile neben dem Verstand in uns wohnen und was sie ausmacht.
"Bis Du dem Unbewussten bewusst wirst, wird es Dein Leben steuern und Du wirst es Schicksal nennen."
[C. G. Jung]
Aufgabenverteilung
Das Eisberg-Modell veranschaulicht, dass unser Bewusstsein nur ein kleiner Teil im Vergleich zum Unterbewusstsein ist. Viele Informationen werden vom Unterbewusstsein gefiltert und nur das Wesentliche an den Verstand weitergeleitet. Dadurch nehmen wir nur einen Bruchteil der Realität wahr.
Im Kontext der Persönlichkeitsentwicklung betrachten wir nur die wesentlichen Aspekte in vereinfachter Form. In unserem Kopf wohnen verschiedene Persönlichkeitsanteile, die uns ausmachen. Drei von ihnen haben besonders großen Einfluss auf unser Handeln:
Das Belohnungssystem und die Amygdala wohnen schon länger in uns und helfen uns seit Urzeiten zu überleben. Daher glauben sie manchmal, mehr Rechte zu haben und handeln nach eigenem Gutdünken. Im Extremfall bedeutet das: Der Verstand hat Pause.
Das Belohnungssystem und die Amygdala werden immer dann aktiv, wenn sie uns über Emotionen dazu bewegen wollen, das zu tun, was sie möchten. Wir glauben zwar, unser Verstand würde die Entscheidungen treffen, aber meistens setzt er nur um, was bereits vom Unterbewusstsein beschlossen wurde. Denn auch unsere Denkmuster und Glaubenssätze stammen aus dem Unterbewusstsein. Und das funktioniert erstaunlich gut, oder?
Sicherheitsbeauftrage:
Amaygdala
Die Amygdala übernimmt die Kontrolle, wenn es um unsere Sicherheit geht. Sie arbeitet schneller als der Verstand und vergleicht aktuelle Situationen blitzschnell mit früheren Erfahrungen, um Bedrohungen zu erkennen. In modernen Zeiten führt dies manchmal zu irrationalen Ängsten, weil die Urzeit-Muster noch aktiv sind. Prüfungen sind ein häufiges Beispiel für solche Bedrohungssituationen. Die Angst vor negativer Bewertung konnte früher zum Ausschluss aus einer Gruppe führen, was Lebensgefahr bedeutete. Die Amygdala reagiert nicht rational wie unser Verstand und schüttet im Ernstfall Stresshormone aus, die entweder Angst erzeugen oder gar unser Notfallprogramm aktivieren. Je nach Typ verfallen wir in den Flucht-, Kampf- oder Erstarrungsmodus. Je mehr Stresshormone durch unseren Körper strömen, desto weniger ist der Verstand aktiv. Im Extremfall schaltet unser Verstand komplett ab, bis die Bedrohung vorüber ist.
Die meisten Ängste sind erlernt und entsteht immer dann, wenn wir keine bessere Strategie haben, um mit einer Situation umzugehen. Neue positive Referenzerlebnisse können helfen, diese Ängste zu mindern. Dies kann durch reale Erlebnisse oder durch die Vorstellungskraft erreicht werden, da das Unterbewusstsein nicht zwischen Realität und Vorstellung unterscheidet.
"Mit Liebe wurden wir geboren. Angst ist, was wir hier gelernt haben."
[Marianne
Williamson]
Vergnügungsdirektor:
Belohnungssystem
Das Belohnungssystem in unserem Gehirn sorgt für unser Wohlbefinden und unsere Motivation. Es funktioniert, indem es die aktuelle Situation mit früheren Erfahrungen vergleicht. Wenn es etwas Positives erkennt, wie zum Beispiel Schokolade, erzeugt es ein Bedürfnis. Dieses Bedürfnis wird von unserem Verstand als Verlangen wahrgenommen, und der Körper wird angewiesen, es zu befriedigen. Das Belohnungssystem kann auch zukünftige Belohnungen voraussehen und motiviert uns, auf ein Ziel hinzuarbeiten. Es kann dabei immense Energie und Kreativität freisetzen. Wenn wir das Ziel erreichen, wird Dopamin ausgeschüttet, was uns glücklich macht. Dadurch speichert unser Belohnungssystem ein neues positives Erlebnis ab, und der Kreislauf beginnt von Neuem.
Party-Marathon
mit Folgen
Wenn wir dem Belohnungssystem freien Lauf lassen, können wir die Kontrolle verlieren und abhängig werden. Unser Wille allein reicht oft nicht aus, um das zu ändern. Ein Problem mit Glückshormonen ist, dass wir immer stärkere Reize brauchen, um dasselbe Glücksgefühl zu erleben. Das kann dazu führen, dass ein nützliches Verhalten zur Sucht wird. Zum Beispiel hat Sport viele positive Effekte, aber wenn er zur Sucht wird, kann er zu körperlicher Überforderung und sozialer Abgrenzung führen. Auch Erfolg kann süchtig machen und in Burnout und Depressionen enden.
Viele psychische Abhängigkeiten entstehen aus unangenehmen Emotionen, Stress und Ängsten, die nicht richtig bewältigt werden können. Sucht kann als ein Weg dienen, um diese negativen Gefühle zu vermeiden. Der Konsum von Substanzen oder bestimmte Verhaltensweisen können kurzfristig Linderung verschaffen, lösen aber die zugrunde liegenden Probleme nicht. Die Sucht wird oft durch das Streben nach Belohnung und positiven Gefühlen verstärkt, da diese das Belohnungssystem aktivieren und Erleichterung verschaffen, was das Verlangen nach diesen Erfahrungen verstärkt.
Die Abhängigkeit von Substanzen wie Alkohol oder Drogen ist ein spezielles Thema. Obwohl auch hier psychologische Faktoren eine Rolle spielen, unterscheiden sie sich von rein psychologischen Abhängigkeiten.
Das Gehirn umprogrammieren
Unser Gehirn ist in der Lage, sich bis ins hohe Alter zu verändern (Neuroplastizität). Neue Nervenbahnen können entstehen, aber alte nicht einfach verschwinden. Um Gewohnheiten zu ändern, müssen neue, bessere Alternativen geschaffen und regelmäßig genutzt werden. Mit gehirngerechten Methoden lassen sich neue Nervenbahnen schneller und einfacher erzeugen.
Wie kannst Du das Wissen über Dein Gehirn nutzen?
Denke daran: Du bist nicht allein in Deinem Kopf. Mehr Kontrolle bedeutet, zu wissen, welche Persönlichkeitsanteile in Dir wohnen, welche Aufgaben und Wünsche sie haben und ihre Stärken und Schwächen zu kennen. Es bedeutet auch, manchmal das Hausrecht zu nutzen und Deine Regeln durchzusetzen. Identifiziere Dich nicht nur mit einem Teil von Dir. Du bist der Coach Deines Inneren Teams.
"In einer echten Gemeinschaft wird aus vielen Ich ein Wir."
[Erwin Ringel]
Fühlst Du Dich oft von Deiner Amygdala oder Deinem Belohnungssystem gesteuert? Auch wenn wir nicht alles direkt mit unserem Verstand kontrollieren können, können wir indirekt Einfluss nehmen und unsere Nervenbahnen verändern. Manchmal müssen wir "um die Ecke denken". Zeige Deiner Amygdala, dass Du in Stress- und Angstsituationen ruhig bleiben kannst, damit auch sie gelassener wird. Wenn Dein Belohnungssystem zu oft die Kontrolle übernimmt, finde die Auslöser und suche nach alternativen Belohnungen. Nutze dafür nicht nur Worte, sondern auch VAKOG.
Kleiner Tipp: Wir können der Amygdala nicht nur Ängste abtrainieren, sondern auch gezielt positive Reaktionen antrainieren. Wie glaubst Du, wird Deine Amygdala reagieren, wenn Du ihr bewusst machst, was in der Zukunft passiert, wenn Du einem ungesunden Verhalten nachgibst? Krankheit? Soziale Ausgrenzung? Lebensgefahr!
Lust auf ein neues Ich, wo Unterbewusstsein und Verstand im Einklang sind?